Wie Sie sich dagegen wehren, beim Sprechen unterbrochen zu werden

"Warum redet der jetzt? Ich war doch noch nicht fertig." Kennen Sie das Gefühl, beim Sprechen unterbrochen zu werden? Möchten Sie endlich ausreden können, ohne laut werden zu müssen? Suchen Sie praxiserprobte Tipps? Erfahren Sie, wie Sie sich als zurückhaltender Mensch taktvoll und bestimmt gegen Unterbrechungen wehren.  

Ein Beispiel, wie leicht wir im Arbeitsalltag manchmal unterbrochen werden - aus meiner Praxis als Kommunikationstrainer für leise Menschen: 

Die introvertierte Claudia und der extrovertierte Christian leiten beide ein Team im selben Unternehmen. Beide liebäugeln mit der Beförderung. Jetzt sitzen Sie in einem Meeting, wo es um die Einführung einer neuen Software geht. 

Claudia: "Ich habe die funktionalen wie nichtfunktionalen Anforderungen mit verschiedenen Vertretern der Abteilung spezifiziert (hält ein Papier hoch). Mit drei Anbietern habe ich erste Gespräche geführt. Nun scheint mir entscheidend, dass wir..."

Christian (unterbricht): "Wir sind auf gutem Weg, nun müssen wir noch ein paar Details klären, aber das kommt gut!"

Chefin: "Aha, ich verstehe. Christian, würdest du die Details bis nächste Woche klären?"

Christian: "Ja, klar, mach ich!"

Claudia: (schweigt offenen Mundes und guckt fassungslos).

Chefin: "Danke, dann wäre das ja geklärt. Gehen wir zum nächsten Punkt..."

Claudia: (rollt mit den Augen, lehnt sich zurück und verschränkt die Arme.)

Was geschieht hier?

unterbrochen werden

Claudia, inhaltlich gut vorbereitet, will ihren Plan vorstellen. Doch sie wird übergangen. Christian lässt sie nicht ausreden und grätscht ihr ins Wort. Er prescht vor, sie erstarrt. Er wird "laut", sie verstummt. 

Ihr introvertiertes Wesen prädestiniert sie für ihr defensives Verhalten: unter Stress reagiert Claudia passiv. Sie meidet den Konflikt, fühlt sich wehrlos und schweigt. Die Folge: Sie überlässt Christian widerstandslos das Wort und zieht sich zurück. 

Weshalb wird sie unterbrochen?

Sein Verhalten kann verschiedene Gründe haben: 

  • Vielleicht ist seine forsche Reaktion ebenso seiner Extroversion geschuldet. Unter Stress wird er ungeduldig.
  • Eventuell handelt es sich um eine Statusrangelei: Er möchte sich über seine Kollegin stellen und vor der Chefin glänzen.
  • Oder er hegt diabolische Absichten und will Claudia offen entwerten. 

Mit diesen 3 gedanklichen Schritten bereiten Sie Ihre Gegenwehr vor 

Wenn Sie sich in der Rolle der zurückhaltenden Claudia wiederfinden und sich künftig behaupten möchten, können Sie sich zur Gegenwehr eine passende Reaktion antrainieren. 

Schritt #1

Entwickeln Sie als erstes ein Bewusstsein für Ihre eigenen unbewusst ablaufenden Muster. So können Sie angemessen und souverän reagieren. Sie legen Ihre Passivität ab und stehen für Ihre Position ein. Die Gründe für das unhöfliche Verhalten Ihres Kollegen sind im Hinblick auf Ihre Reaktion im Grunde irrelevant. 

Schritt #2

Der zweite Schritt ist Ihr Entschluss, Unterbrechungen durch Kollegen nicht länger zu dulden. Ihre innere Haltung ist der Schlüssel. Selbstbehauptung ist eine Grundhaltung.

Schritt #3

Wappnen Sie sich innerlich. Das heisst: Vermindern Sie für die Dauer der Besprechung Ihre Durchlässigkeit: Lassen Sie an einem mentalen Schutzschild abprallen, was zu tief geht und kränkt. Dadurch halten Sie den Dreinschwätzer auf Distanz und lassen seine Zumutung nicht an sich heran. So können Sie viel eher kühlen Kopf bewahren.

Stärken Sie sich durch Ihre Glaubenssätze

Selbstsuggestion vor einer Sitzung kann helfen, Ihre Widerstandskraft zu stärken, wie es auch der Kommunikationspsychologe Friedeman Schulz von Thun rät. Sagen Sie folgende Sätze zu sich:

"Es wird Leute geben, die mich unterbrechen wollen. Das hat wenig oder nichts mit mir selber zu tun, sondern spiegelt die Persönlichkeit dieser Menschen wider. Damit ist nicht gesagt, dass mein Beitrag nicht gut, meine Leistung schlecht oder ich selbst unbedeutend wäre - ganz im Gegenteil! Ich gehe jetzt in diese Besprechung und behalte Oberhand!

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Der wichtigste Grund, weshalb Sie sich wehren sollten

Eine Unterbrechung brauchen Sie nicht zwingend persönlich zu nehmen. Im Prinzip ist die Ungeduld oder die mögliche böse Absicht ein Problem Ihres Gegenübers, das Ihnen ins Wort fällt.

Doch die Unterbrechung wird zu Ihrem Problem, weil Sie gehindert werden, Ihre Meinung an- oder Ihre Ideen einzubringen und Ihr Potenzial sichtbar zu machen. 

Ob absichtlich oder nicht, wehren Sie sich grundsätzlich dagegen, wenn Ihnen jemand unberechtigt das Wort entzieht und das Gespräch an sich reisst. Geben Sie in einer für Sie wichtigen Situation nicht gleich nach. Ziehen Sie eine Grenze, sonst erkennen andere Leute vielleicht nicht, dass sie auch Sie berücksichtigen müssen und trampeln einfach über Sie hinweg!

Wie wehren: Ich rate Ihnen zu einer Mischung aus Pfiffigkeit und Kampfgeist

Sie wurden unterbrochen? So reagieren Sie am besten

Wenn Ihnen jemand das Wort klaut, so holen Sie es sich sofort zurück. Dulden Sie die Unterbrechung nicht. Fordern Sie Respekt ein und behaupten Sie sich, doch stauchen Sie das Gegenüber nicht wutschnaubend zusammen. Bleiben Sie ruhig und sachlich, so wirken Sie souverän.

Ignorieren Sie die Unterbrechung

Das können Sie tun, indem Sie unbeirrt weiterreden. Heben Sie Ihre Lautstärke ein wenig und fahren Sie einfach fort, als wäre nichts gewesen. Ganz so, als habe Sie niemand unterbrochen. Dies mag Ihnen vielleicht nicht höflich vorkommen. Doch genau so unhöflich war es, Sie mitten im Satz zu unterbrechen.

Kündigen Sie an, dass Sie weiterreden werden 

Oder sagen Sie deutlich: "Ich bringe meine Ausführungen zu Ende" oder "Christian, du hast mich jetzt gerade unterbrochen, ich werde diesen Punkt zu Ende ausführen, danke" und sprechen Sie weiter. 

Bitten Sie nicht um Erlaubnis «Darf ich meine Gedanken zu Ende führen» sondern kündigen Sie an, dass Sie es jetzt tun werden. Starten Sie den Satz nicht mit "Verzeihung...": Sie haben nichts falsch gemacht, Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.

Mit der Nennung des Namens verstärken Sie die Wirkung Ihrer Worte, das "Danke" am Ende des Satzes ebenso, es signalisiert die Eindeutigkeit Ihrer Absicht.

Weshalb Sie Ihre Empfindsamkeit zügeln sollten

Akzeptieren Sie, dass Sie sich dabei eventuell komisch fühlen. Das liegt daran, dass Sie in einen Bereich vorstossen, der ausserhalb Ihrer Wohlfühlzone liegt. Manchmal müssen wir in Kauf nehmen, etwas "böse" zu sprechen, für unsere Interessen einstehen und unsere Empfindsamkeit zügeln, will man nicht beiseite geschoben werden.

Beziehen Sie die Sitzungsleitung ein

Passieren die Unterbrechungen in einer ähnlichen Situation immer wieder – etwa in einem Meeting – bitten Sie die Sitzungsleitung, eine klare Regel einzuführen, dass Unterbrechungen nicht geduldet werden. Ein guter Chef wird Sie ernst nehmen und Ihnen helfen.

So minimieren Sie das Risiko, unterbrochen zu werden

Tun Sie alles dafür, dass es gar nicht so weit kommt. Diese kommunikativen Strategien unterstützen Sie und minimieren das Risiko, dass man Sie unterbricht:

  • Markieren Sie in jedem Meeting stets Präsenz. Zeigen Sie Aufmerksamkeit und halten Sie den Blickkontakt, auch wenn Sie nichts sagen. Lesen Sie mehr dazu in diesem Blogbeitrag.
  • Behalten Sie den roten Faden: Wenn Sie unterbrochen werden, vergessen Sie leicht, was Sie eigentlich sagen wollten. Halten Sie die Konzentration.
  • Bereiten Sie sich gut vor. Überlegen Sie sich Ihren Standpunkt zu bekannten Themen im vornerein, notieren Sie Ihre Kernbotschaften und prägen sie sich ein.
  • Sprechen Sie kurz und prägnant. 2 bis 3 Gedanken pro Wortbeitrag reichen, kommen Sie möglichst rasch auf den Punkt. Nutzen Sie dazu die Fünfsatzmethode!
  • Wählen Sie eine direkte Sprache. Sabotieren Sie sich nicht mit Formulierungen, die Sie kleinmachen. Sagen Sie etwas geradeheraus: "Besonders wichtig ist...." oder "Unbedingt berücksichtigen müssen wir..." statt "Verzeihung, dazu möchte ich auch gerne etwas sagen". Schwächen Sie sich nicht mit Formulierungen wie "Ich weiss nicht, ob ich richtig liege, aber..." oder "Ich bin ja kein Experte, doch..."

Fazit

Gegen Unterbrechungen können Sie sich taktvoll wehren, ohne eine laute "Platz da"-Haltung einnehmen zu müssen. Lassen Sie es nicht zu, sich unterbrechen zu lassen, wenn Sie Ihr Potenzial sichtbar machen und den Raum einnehmen wollen, der Ihnen beim Reden zusteht.

In einem ersten Schritt sollten Sie sich Ihre eigenen Verhaltensmuster bei einer Unterbrechung klar machen und den festen Entschluss fassen, Unterbrechungen nicht mehr zu akzeptieren. Das Wort holen Sie sich zurück, indem Sie stoisch weiterreden, als wäre nichts geschehen. Zusätzlich können Sie die Unterbrechung ansprechen, ohne sich dafür zu entschuldigen.

Wenn Sie sich eine klare und prägnante Sprache aneignen und in Besprechungen auch nonverbal Präsenz markieren, beugen Sie lästigen Unterbrechungen vor und verschaffen sich Respekt. So verschaffen Sie sich auch als leiser Mensch in dieser lauten Welt Gehör!

Sagen Sie es mir in den Kommentaren: Wo haben Sie sich erkannt? Welches ist Ihr grösstes Problem? Welche Fragen haben Sie? Ich bin gespannt, von Ihnen zu hören! Berichten Sie mir von Ihrer Erfahrung. 

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