Introvertierten gehen Meetings gegen den Strich. Sie sind anstrengend für leise Menschen, die ein Gespräch zu zweit einem lauten Brainstorming vorziehen. Ihrem ruhigen Wesen gemäss möchten sie ein Problem erst gründlich studieren, bevor sie sprechen. Geht es Ihnen auch so? Wie können Sie sicherstellen, dass Ihre Ideen und Ansichten in Meetings trotzdem angemessen wahrgenommen werden?
Introvertierte sind in der Regel gute Zuhörer. Sie hören sich das Gesagte aufmerksam an und verstehen es, Wesentliches herauszufiltern. Ihre eigenen Gedanken äussern sie oft erst nach gründlicher Überlegung – wenn überhaupt.
Vereinfacht gesagt: Sie sprechen wenig und denken viel.
Denker entwickeln oft Ideen und innovative Lösungen, doch im Businessalltag wirken diese ruhigen Menschen auf andere schnell einmal apathisch und abwesend. Gerade in Meetings, wo die Lauten dominieren, geraten sie durch Ihre vermeintliche Passivität in Rücklage oder werden übergangen. Dafür können sie im Grunde nichts: Die Physiologie in Ihrem Gehirn prädisponiert sie für Verhaltensweisen, die dazu beitragen, dass sie ignoriert werden.
Wie können Sie entgegenhalten und für mehr Sichtbarkeit sorgen? Wie können Sie vermeiden, als unkooperativ oder desinteressiert wahrgenommen zu werden, während Sie tatsächlich tief und angestrengt über das Thema nachdenken?
Bereiten Sie sich auf ein Meeting bestmöglich vor! Egal, ob Sie dazu formell verpflichtet sind oder nicht. Vielen introvertierten Menschen fallen spontane Beiträge schwer, weil sie ihrem Wesen gemäss zuerst denken (müssen) bevor sie sprechen. Gehen Sie die Sitzungsagenda durch und formulieren Sie Ihre Beiträge und Standpunkte zum vorherein. Erstellen Sie Notizen oder Gesprächskärtchen!
Sorgen Sie dafür, dass Sie für die Herausforderung «Meeting» ausgeruht sind. Denn die Zusammenkunft wird Sie Energie kosten. Hetzen Sie nicht in letzter Minute vom Arbeitsplatz ins Sitzungszimmer, sondern legen Sie eine Regenerationsphase dazwischen – je länger, desto besser! Im schlechtesten Fall schliessen Sie sich zwei, drei Minuten auf der Toilette ein, im besseren Fall machen Sie einen kurzen Spaziergang.
Gehen Sie gleich zu Sitzungsstart in die Offensive und platzieren Sie Ihren Beitrag bei erster Gelegenheit! Seien Sie einer der ersten, der spricht! Das mag zwar nicht Ihrem natürlichen Stil entsprechen, doch es hilft Ihnen gleich mehrfach: Sie fühlen sich bereits früh im Meeting als Teil der Gruppe, was Ihnen für den weiteren Verlauf einen psychologischen Vorteil verschafft. Zudem werden sich nachfolgende Sprecher mit Ihren Kommentaren unter Umständen auf Ihren Beitrag beziehen (während es umgekehrt ist, wenn Sie lange warten).
Verabschieden Sie sich von der irrigen Meinung, Ihre Gedanken erst zu artikulieren, wenn Sie sich eine druckreife Formulierung zurecht gelegt haben. Drehen Sie die Wendungen nicht unzählige Male im Kopf, sondern lassen Sie es heraus! Beachten Sie einmal die Qualität der Äusserungen ihrer Kollegen und Sie werden feststellen, dass viele Beiträge unausgegoren daherkommen, das aber niemanden kümmert. Selbst halbbackene Ideen können wertvoll sein, machen Sie also von Ihrer Redefreiheit Gebrauch!
Dazu kommt: Frei und spontan zu reden ist wie ein Muskel, den Sie trainieren können. Es hat also Sinn, das aus dem Stegreif sprechen zu üben!
Ein paar Tricks, um gut und verständlich rüberzukommen.
Achten Sie darauf, wie Sie reden:
Auch wenn Sie nicht sprechen, können Sie Ihr aktives Mitwirken und Ihre Präsenz unter Beweis stellen: Zeigen Sie Präsenz mit aktivem Zuhören. Blicken Sie die Menschen an, quittieren Sie mit Kopfnicken, mit «ja», «genau» etc.
Wenn die Runde nicht mehr weiterkommt, die Redebeiträge zu einem ziellosen Geplänkel mutieren und auch Sie keinen Schimmer haben, wie Sie durch einen gehaltvollen Input für Klarheit sorgen können, sagen Sie es einfach! Zum Beispiel so: «Ich habe die Lösung dazu auch nicht vorliegen, aber ich möchte den Punkt durchdenken.»
Wenn Sie glauben, im nächsten Moment etwas vorliegen zu haben, fragen Sie um etwas Aufschub: «Kommt bitte noch einmal auf mich zurück, ich überdenke die Angelegenheit kurz.» Oder, wenn Sie glauben, Ihnen werde kurzfristig nichts Schlaues einfallen: «Können wir diesen Punkt aufschieben? Damit möchte ich mich noch einmal intensiv auseinandersetzen.»
Diese Forderungen nach einem Aufschub, nach etwas Extra-Zeit, sind keine grosse Sache, wenn Sie innerlich spüren, dass Sie dazu berechtigt sind und davon alle profitieren werden. Sagen Sie es offen und in angemessenem Ton (nicht zu fordernd).
Aus der Psychologie wissen wir: Wenn wir uns vor etwas fürchten oder wir uns unwohl mit einer Situation fühlen, sollten wir uns der Furcht aussetzen, und zwar in kleinen, bewältigbaren Dosen, um die Angst zu verlieren und uns mit der Zeit wohler zu fühlen.
Treten Sie einer Rhetorik-Gruppe bei, etwa den «Toastmasters» oder einer lokalen Institution, in welcher Sie in kleiner Runde mit Unterstützung Ihre Präsentation-Fähigkeiten üben können.
Es gibt keinen Weg um die Angst herum – es geht nur mittendurch!
Doch überfordern Sie sich zu Beginn nicht, indem Sie sich zur Performance zwingen. Setzen Sie die Messlatte anfänglich tief und starten Sie in kleinem Rahmen. Schritt um Schritt werden Sie Ihre «Redemuskeln» stärken, Vertrauen gewinnen und besser werden!
Sollten Sie darunter leiden, hilft Ihnen das vielleicht weiter:
Ich habe an mir selbst und im Gespräch mit Klienten festgestellt: Selbst wenn wir unter argen Symptomen wie Erröten oder Schwitzen leiden, ist es noch lange nicht für jedermann ersichtlich. Im Gegenteil: Meist nimmt es Ihre Umgebung gar nicht wahr.
Gegen das Erröten ist kein Kraut gewachsen, es ist eine Folge der Aktivierung des sympathischen Nervensystems und kann nicht willkürlich unterdrückt werden, wie Borwin Bandelow in «Das Buch für Schüchterne» schreibt. Doch während Sie denken, dass Ihr Gesicht dunkelpurpurrot angelaufen ist, nimmt Ihr Gegenüber vielleicht nur ein verhaltenes Rosa wahr.
Ich habe als Entertainer rund 1000 Auftritte vor Publikum absolviert, als Geschäftsführer unzählige Sitzungen und Mitarbeitergespräche geführt und auch als Kommunikationstrainer bin ich mir den Auftritt vor Menschen gewohnt. Und noch immer habe ich in gewissen Situationen das Gefühl, ich erröte....man bringt es vielleicht nie ganz weg.
Es gibt zwei Wege, es einzudämmen:
Doch was am Ende des Tages zählt, ist nicht Ihre Gesichtsfarbe sondern die Ideen und Inhalte, die Sie präsentieren. Was zählt ist, dass Sie etwas zu sagen haben und an Ihre Botschaft glauben. Also: Wenn wir schon nichts gegen willkürliches Erröten oder Schwitzen tun können, richten wir den Fokus weg davon und hin zu unserer Botschaft.
Wenn Sie das Gefühl haben, in Meetings regelmässig übergangen zu werden, arbeiten Sie an Ihrer Kommunikationsfähigkeit und nutzen Sie erprobte Tricks und Techniken. Bereiten Sie sich wenn möglich auf eine Sitzung gut vor, warten Sie nicht den perfekten Moment für Ihren Beitrag ab und glauben Sie nicht, druckreif formulieren zu müssen. Doch achten Sie auf eine klare und deutliche Sprache und legen Sie Überzeugung in Ihren Beitrag. Üben Sie das Reden so oft wie möglicht, vielleicht gar in einer Rhetorik-Gruppe wie den "Toastmasters".
Ihre Ideen sind den Effort wert!
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
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